Work-Life-PLAY-Balance

Wie man die Arbeitszufriedenheit in Teams erhöht und Networking steigert

Seit nun mehr 10 Jahren darf ich diverse Teams beim Vollführen kurzer, gemeinsamer Veranstaltungen in Form von Bürospielen erleben. Kürzliche Umfrageergebnisse belegen die positive Bedeutung dieser Events. Zeit also über die Nützlichkeit im Unternehmen zu reflektieren.

Unser Wiki hat auch einen hübschen, zum Bürospiel passenden Banner

Vor genau 10 Jahren fand eine Einstellungswelle im Unternehmen statt, die zu einer Steigerung der Belegschaft um 100% in der IT führte. Lauter neuer Kollegen und Kolleginnen begegneten sich tagein und tagaus auf dem Firmengelände. Die natürliche Gruppendynamik führte zur Bildung von "den Neuen" und "den Alten", was nicht gerade geselligkeitfördernd war. Zumindest hatten wir aber eine moderate Vermischung, sodass Einfluß der alten auf die neuen Kollegen und umgekehrt gegeben war. Networking passiert eben nicht von heute auf morgen. Die Teams müssen langsam zusammenwachsen.

Mit der Zeit begannen einige Teams, deren überwiegender Teil aus neuen Kollegen bestand, nach ihren Daily Standup Meetings ein gemeinsames kurzes Event auszurichten - ein Post-Standup-Bürospiel sozusagen. Da sich jedes Team täglich zum Daily Standup Meeting traf, spielte es auch täglich das gemeinsame Bürospiel. Besucher, die dem Daily Standup beiwohnten, erhielten selbstverständlich die Gelegenheit ihr Können im Bürospiel unter Beweis zu stellen und mit den Teammitgliedern zu konkurrieren. In dieser Zeit kamen die Kollegen regelmäßig untereinander ins Gespräch.

Unser Spiel zum Beispiel dauert in der Regel pro Spieler kaum 30 Sekunden. Genauso schnell, wie sich die Spieler zusammenfinden, finden sie sich danach wieder an ihrem eigenen Arbeitsplatz ein. Das Ziel unseres Spiels ist es eine Flummi-artige Ü-Ei Figur mit Hilfe zweier handlichen Softbälle aus ca 4.30m Distanz und 2.20m Höhe abzuwerfen. Konkret steht die Figur auf der Ecke eines Whiteboards und ist für Besucher eher unauffällig positioniert. Jeder Spieler hat zwei Versuche, um die Figur von dem Whiteboard zu werfen. Jeder Treffer erlaubt ihm einen weiteren Wurf durchzuführen. Dadurch ergeben sich einige sehr interessante Treffermuster, die jeweils einen eigenen Namen sowie ein Symbol nach Wahl des Trophäen-Jägers bekommen.

Unser damaliges Thema unseres Projekts lautete "Volumenbestimmung" im Transportwesen oder Kubatur (engl. "cubage"). Uns gefiel der Begriff und unser Team verwendete den Begriff als Namen für unser Spiel. Wie man merkt hat der Name mit dem Spielkonzept rein gar nichts gemein, aber ein gruppenweit anerkannter, vom Team bestimmter Name unterstreicht die Wichtigkeit des gemeinsamen Events für die Gemeinschaft und bestärkt dessen Existenz.

Nach einiger Zeit war das Cubage-Game bei allen Teams bekannt und allerlei IT-Mitarbeiter kamen zu vorher bestimmten Uhrzeiten (teils gruppenweise und auch dann, wenn sie nicht am Daily Standup Meeting teilgenommen haben) ins Büro, um sich am Bürospiel zu beweisen. Während sie warteten bis sie an der Reihe waren, hielten sie ein kurzes Schwätzchen und tauschten sich so aus.

An dieser Stelle soll nicht unerwähnt bleiben, dass einige Mitarbeiter aus dem Schwätzchen eine solide Diskussion zu machen verstanden. Es liegt in der Disziplin der veranstaltenden Teams dem einen Riegel vorzuschieben, denn die Spielrunden sollen nur zum Netzwerken einladen, nicht die Arbeit stören oder gar behindern. Mit der Zeit war es notwendig ein Regelwerk aufzubauen, damit alle Spieler das Grundkonzept und die geltenden Öffnungszeiten nachlesen konnten. Auch die Regelungen in Sonderfällen war nötig, damit keiner die Spielregeln anzweifeln konnte. Was eigent sich da besser als das firmeninterne Wiki?

Ich glaube, es liegt in unseren IT-ler Genen, dass wir sehr früh mit der Aufzeichnung aller Siege, besonderen Fehlwürfe und Niederlagen begannen. Die gesamte Abteilung erhielt so die Gelegenheit den Fortschritt jedes Spielers genau nachzuvollziehen. Ein Erfolgsboard zeigt nun die besten Spieler, die verbissenen Verfolger, die Kämpfer, die ausdauernden Mitstreiter usw., sowie deren Triumphe und Niederlagen an. Das gab einigen Mitarbeitern einen Extrakick den tagtäglichen Wettkampf mit den anderen Kollegen zu suchen.

Eine Saison dauert genau ein Jahr, an dessem Ende (bei uns am 1. April) eine kleine Siegerehrung stattfindet. Einige Teams haben halbjährliche Ehrungen, einige gar keine. Fürs Gemeinwohl spielt ein Abschluss keine überragende Rolle, aber auf diese Weise werden die Karten neu gemischt. Jeder kann die Tabelle im nachfolgenden Jahr anführen, wenn er das Team besucht und sich der Herausforderung stellt.

Das gemeinsame Mitfiebern und Feiern der Treffer versetzt uns regelmäßig in Euphorie. Vor allem, wenn talentierte Mitspieler exotische und sehr schwierige Treffermuster erzielen. Zugegeben ist es dann sehr schwer die nötige Disziplin zu wahren, die Lautstärke im Büro im erträglichen Maß zu belassen. Andererseits ist der Fall eine neues Treffermuster zu erzielen, inzwischen so selten, dass man dies auch gebührend feiern sollte. Es ist wie beim entscheidenden Tor der Lieblingsfußballmannschaft. Zum Glück ist unser Firmengebäude recht weitläufig, sodass ein überschwänglicher Jubel nur die angrenzenden Büroräume erreicht.

Unser Team überreichte dem Bestplatzierten zu Beginn einen kleinen Pokal mit einer üblichen Gravur des Siegerjahres, dem Titel und natürlich des Sigernamens. Als Erinnerungsstück sozusagen. Die Finanzierung übernahm der Sieger. Die Kosten hierzu liegen absolut im vertretbaren Rahmen zwischen 10 bis 20 €.

Mir persönlich lag mehr daran, dass die ersten drei Gewinner etwas in den Händen halten durften. Also begann ich, als ich selbst Sieger wurde, meine Mitstreiter mit Medaillen auszuzeichnen. Klassisch: Bronze für den dritten Platz, Silber für den zweiten und Gold für den ersten Platz. Bis heute ist dies eine nette Geste geblieben, und einige der Medaillen hängen noch an den Tischlampen oder Wänden der ehemaligen Gewinner und sorgen regelmäßig für Gesprächsstoff bei Neuankömmlingen.

TC Cubage Medaillen 2018-2019

Takeaways

Anfangs war ich sehr skeptisch, ob das Spielen im Büro eine gute Idee sei. Immerhin geht einwenig Zeit auf die Veranstaltung, die für von der Arbeit abgezwackt wird, aber ich habe in den letzten Jahren die Wirksamkeit der Treffen und des Netzwerks erleben dürfen. Der Wissenstransfer in den wenigen Minuten Spiel sehr effizient möglich, und falls mal die Zeit nicht ausreicht, kann man sich zu einem Termin verabreden.

Die jüngsten Umfrageergebnisse zur Teambindung weisen ausgezeichnete Werte auf. Ich führe diese Werte auf den guten Zusammenhalt im und auch ums Team herum zurück. Die Beziehungen zu neuen Mitarbeitern etablieren sich deutlich schneller und fester als vor dem selbstorganisierten Ritual.

Die Gegenprobe zeigt, dass ehemals aktive Kollegen, die z.B. aufgrund eines Arbeitsstandortwechsels seltener am Bürospiel teilnahmen, damit also weniger Kontakt zu dem Team hatten und der Informationsfluss entsprechend weniger schnell fortschritt.

Die Etablierung von gemeinsamen Teamevents in Form von Bürospielen hilft dem Unternehmen also mehr als es ihm schadet und ist eine wahre Bereicherung für schwache oder moderate Firmenkulturen. Ich wünsche mir, dass mehr Firmen ähnliche Unternehmungen ihrer Teams unterstützen und so die Vernetzung von Mitarbeitern fördern.

Tipps für eine reibungslose Durchführung

  • Das A und O eines Bürospiels ist der Schutz der Einrichtung und der Personen. Niemals darf das Firmeneigentum beschädigt oder eine Person verletzt werden. Andernfalls ist das Teamevent schneller vorbei, als es einem lieb ist.
  • Für Teamevents, wie das Bürospiel muss zeitlich und räumlich Platz eingeräumt werden. Die Spieler müssen sich persönlich begegnen und ins Gespräch kommen können. Der Wettkampf ist nur Mittel zum Zweck. Betriebwirtschaflich betrachtet ist das Ziel die Vernetzung der Mitarbeiter zu fördern.
  • Zu Beginn sollten komplizierte Regeln vermieden werden. Die Herausforderung ist die Regeln schrittweise auszubauen, und auch nur wenn Bedarf dafür entsteht. Je maturierter das Spiel und dessen Spieler, desto genauere Regeln werden häufig aufgestellt. Das Spiel wächst mit der Zeit und gibt den Spielern Gelegenheit daran zu wachsen. Ebenso muss das Team selbstständig Streitigkeiten und Probleme aus dem Weg räumen. Das fördert die Selbstorganisation, was in Zeiten von agilen Projektmanagementmenthoden eine Bereicherung ist.
  • Das Spiel sollte kurzweilig und möglichst unkompliziert in der Vorbereitung sein.
  • Es sollte einem soliden Regelwerk, ohne böse Überraschungen folgen. Spontane Änderungen verhindern die Bindung und lösen das Netzwerk auf.
  • Die vorbeilaufenden Kollegen sollten den Betrieb möglichst wenig stören. Hier eigenen sich nicht nur harte "Öffnungszeiten", sondern weiche wie "nach dem Daily Standup Meeting" oder "kurz vor Mittagspause".
  • Für die Bezeugung eines Treffers/des Gewinners muss ein Mitglied des durchführenden Teams anwesend sein.
  • Das Spiel sollte regelmäßig und stets zur gleichen Zeit stattfinden. Dies führt zur Routine und verringert die Notwendigkeit von Verwaltung.
  • Um den Wettkampfcharakter zu unterstreichen sollte das Team ein Leaderboard im Wiki aufbauen dürfen. Falls das Wiki zu offen erscheint, ist ein lokales, klassisches Whiteboard auch zielführend.
  • Um die Sache abzurunden können zum Jahresabschluss kleine Siegerehrungen durchgeführt werden.
  • Mit dem Jahresabschluss ergibt sich die Möglichkeit das Leaderboard auf Null zurückzusetzen. So erhalten auch Spieler mit schwacher Leistung die Chance oben im Board zu erscheinen und ihren Erfolg zu feiern.
Ich wünsche euch viel Spaß beim Einrichten eines eigenen netzwerk-unterstützenden Bürospiels. Wenn Ihr ähnliche oder gar völlig gegensätzliche Erfahrungen gemacht habt, würde ich Euch gern bitten aus eurem Nähkästchen zu plaudern. Was hat funktioniert, was nicht? Per Twitter, Facebook, Email oder Disqus-Kommentar. Ich freue mich auf Euer Feedback.

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